EU-Entwaldungsverordnung: Hohe Administrativkosten und drohende Handelshemmnisse

Die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung stellt Unternehmen und Kakaobauern vor grosse administrative Herausforderungen. Es braucht eine pragmatische Lösung mit Augenmass, um neue Handelshemmnisse und kontraproduktive Wirkungen zu verhindern.

Die Verordnung (EU) 2023/1115 über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen (EU-Entwaldungsverordnung) schreibt vor, dass gewisse Rohstoffe und Erzeugnisse künftig nur dann in den Unionsmarkt ein- oder ausgeführt werden dürfen, wenn sie nachgewiesenermassen nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen (siehe Newsletter 3/2023). Betroffen sind unter anderem Kakao, Schokolade und Kaffee.

Risiken für Kleinbauern

Eine Vertreterin des International Trade Center ITC, einer von der WTO und der UNO mandatierten multilateralen Organisation zur Förderung von Handel und Entwicklung, warnte kürzlich in der Financial Times, dass die neuen EU-Vorschriften sich möglicherweise "katastrophal" auswirken könnten. Konkret bestehe die Gefahr, dass grosse Rohstoffhändler jene Kleinbauern, für welche sie die Rückverfolgbarkeit nicht gewährleisten könnten, einfach vom Absatzmarkt EU ausschliessen würden.

Trotz gewisser Erleichterungen für Kleinerzeuger stellten die Informationsanforderungen und die Verpflichtung zur Verwendung von Geolokalisierungstechnologie eine zu grosse Belastung dar. Wenn Kleinproduzenten die administrativen Anforderungen nicht erfüllen könnten, drohe aber ein "Teufelskreis", denn mit dem Wegfall des Absatzes gehe auch das Einkommen verloren. Dies führe zu mehr Armut und dann zu mehr Abholzung.

Höhere Kosten für KMU

Die EU-Verordnung würde – so die Vertreterin des ITC weiter – zudem Grossunternehmen gegenüber kleineren Unternehmen begünstigen. Diese Feststellung kann durchaus verallgemeinert werden: So geht der europäische Wirtschaftsdachverband BusinessEurope davon aus, dass ein KMU im Allgemeinen pro Mitarbeitende durchschnittlich zehnmal höhere Regulierungsfolgekosten hat als ein grosses Unternehmen. Damit führt jede Regulierung für KMU zu einer verhältnismässig höheren Belastung als für Grossunternehmen. Diesem Umstand muss auch bei der innenpolitischen Diskussion um die Reaktion der Schweiz auf die EU-Entwaldungsverordnung Rechnung getragen werden.

Anschluss an das EU-Informationssystem

Die neuen Pflichten gelten ab dem 30. Dezember 2024. Vorher muss die EU noch das Informationssystem zur Handhabung der Sorgfaltspflichterklärungen erstellen. Es muss jetzt rasch geklärt werden, wie Unternehmen ihre Daten in das künftige Informationssystem der EU einfliessen lassen können, sodass die Informationen automatisiert weitergeleitet werden können und keine Handelshemmnisse entstehen.

Für einen Nachvollzug der EU-Verordnung in der Schweiz ist der Anschluss an das EU-Informationssystem eine zwingende Bedingung. Ansonsten könnte der Aufwand zur grenzüberschreitenden Umsetzung gegenüber dem Status Quo sogar noch erhöht werden. Denn in diesem Fall müssten beim Export von Kaffee und Schokolade von der Schweiz in die EU gleich drei neue administrative Hürden überwunden werden: Beim Import des Rohkaffees und des Kakaos in die Schweiz, beim Export von Schokolade und Kaffee aus der Schweiz sowie bei dessen Import in die EU. Die gleiche Dreifach-Hürde würde auch für den Import von Kaffee und Schokolade aus der EU in die Schweiz gelten. Somit müsste auch die EU ein Interesse an einer Vereinbarung über den Zugang der Schweiz zum EU-Informationssystem haben.