Drohende Werbebeschränkungen

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat kurz vor den Sommerferien einen Vorschlag für eine neue staatliche Werbebeschränkung angekündigt. Diese lehnt sich an WHO-Empfehlungen an, welche ebenfalls kürzlich verschärft wurden. Damit drohen hierzulande weitgehende etatistische Eingriffe in der Bewerbung von Lebensmitteln.

Als Teil einer Revision des Lebensmittelgesetzes (LMG) prüft das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) derzeit eine neue gesetzliche Grundlage zur Einschränkung von an Kinder und Jugendliche gerichteter Werbung für Nahrungsmittel mit hohem Fett-, Zucker- oder Salzgehalt (HFSS-Produkte: high in fat, sugar and salt).

Angriff auf Selbstregulierung

Die vorgeschlagene Änderung zielt auf eine staatliche Einschränkung von an Kinder und Jugendliche gerichteter Werbung für HFSS-Produkte gemäss den Nährwertprofilen der WHO. Die Kriterien der als ungesund geltenden Produkte würden damit weiter gefasst als die heute in der Praxis verwendeten Kriterien. Betroffen wären hauptsächlich zuckerhaltige Getränke, Süssigkeiten wie Bonbons oder Biscuits, Joghurts, Glacés, Frühstückscerealien sowie salzige Snacks. Die Einschränkung würde sich auf Werbung in allen Medien, d.h. Print, Audio und Video (TV, Radio, Kino) und Internet beziehen. Die angebliche Notwendigkeit des Staatseingriffs wird mit dem lapidaren Hinweis begründet, dass sich Freiwilligkeit in diesem Bereich nicht bewährt habe.

WHO will mehr staatliche Regulierung

Anfang Juli 2023 hat die WHO die endgültige Fassung des Leitfadens «Policies to protect children from the harmful impact of food marketing» veröffentlicht. Der Leitfaden gibt Ländern Empfehlungen für Massnahmen zur Begrenzung des Lebensmittelmarketings, dem Kinder ausgesetzt sind, einschliesslich politischer Gestaltungselemente zur Verbesserung der Wirksamkeit der Massnahmen. Als «Kinder» gelten gemäss WHO auch Jugendliche bis zur Schwelle des Erwachsenenalters («all human beings below the age of 18»). Die WHO propagiert sehr weitgehende Massnahmen zur Einschränkung der Vermarktung von HFSS-Lebensmitteln und Erfrischungsgetränken. So empfiehlt die WHO beispielsweise die Verwendung eines staatlich gelenkten Nährwertprofilmodells zur Klassifizierung von Lebensmitteln, deren Vermarktung eingeschränkt werden soll, und Massnahmen zur Begrenzung der Überzeugungskraft des Lebensmittelmarketings («restrict the power of food marketing to persuade»). Damit stellt die WHO grundlegende Aspekte der Werbefreiheit zur Disposition. Nicht überraschend empfiehlt die WHO – wie jetzt auch das BLV – eine verbindliche Regulierung des Marketings, nachdem zuvor noch mehr Raum für Selbstregulierung gelassen wurde.

«Rostiger Paragraph»

Wohin eine unkritische Umsetzung von WHO-Empfehlungen führen kann, zeigt das Beispiel Chile. Dort dürfen beispielsweise auf der Verpackung von Schoggi-Samichläusen keine Gesichter mehr aufgedruckt werden. Die Begründung: Lachende Chlaus-Gesichter richten sich an Kinder und animieren zum Kauf. Diese Regulierung und die ihr zugrundeliegende WHO-Empfehlung schaffte es bei der diesjährigen Verleihung des «Rostigen Paragraphen» in der Schweiz auf den zweiten Platz der unsinnigsten Gesetze. Damit dürfte politischer Widerstand gegen die neuesten Pläne des abtretenden Gesundheitsministers in der Schweiz vorprogrammiert sein.